Nachhaltigkeit wird immer wichtiger, davon ist kein Aspekt des Lebens auszuschließen, auch nicht die Lieblingsbeschäftigung vieler Deutscher: Urlaub und Reisen. Doch was heißt „nachhaltig reisen“ oder „Nachhaltiger Tourismus“ eigentlich? Per Definition ist nachhaltiger Tourismus, „ökologisch, ökonomisch und sozial vereinbar“ zu reisen. Das hört sich ziemlich kompliziert und fast unmöglich an. Perfekt ist sicher niemand, aber vielleicht helfen Dir die folgenden Tipps, ein bisschen nachhaltiger unterwegs zu sein:
1. Sich schon vor der Reise mit dem Urlaubsziel auseinandersetzen
Was hat das mit nachhaltig reisen zu tun? Eine ganze Menge! Mach Dir schon vor Deiner Reise Gedanken, was Dich im Urlaubsland erwartet. Wie leben die Menschen da, welche Sprache sprechen sie? Gibt es kulturelle Besonderheiten? Was möchtest Du sehen oder erleben? Schon jetzt kannst Du die Weichen in Richtung Nachhaltigkeit stellen, indem Du ein Ziel wählst, das nicht allzu weit entfernt liegt. Auch eine Fernreise ist möglich, erfordert jedoch mehr Überlegungen, um zumindest einigermaßen nachhaltig zu reisen.
2. Umweltfreundliche Fortbewegungsmittel wählen
Hier spielen nicht nur die An- und Abreise eine Rolle, sondern auch Deine Fortbewegung während des Urlaubs/der Reise. Natürlich sind Flugreisen nicht nachhaltig, manche Ziele aber auf andere Weise kaum zu erreichen. Hier ist vielleicht ein Kompromiss hilfreich: Reduzierung der Flüge auf ein Minimum (eventuell eine Flugreise pro Jahr/alle … Jahre), dafür gleich für eine längere Zeit, also keine 3-Tage-Städtereisen mit dem Flugzeug, stattdessen eine mehrwöchige Flugreise. Also: je weiter Du fliegen willst, desto länger bleibst Du dort.
Mit dem eigenen Auto zu verreisen ist bequem, aber (angesichts der zur Zeit herrschenden Energieknappheit) nicht gerade günstig und schon gar nicht umwelfreundlich. Wann immer es möglich ist, versuche doch, statt mit dem eigenen Autos mit der Bahn zu fahren. Vielleicht kannst Du mit der Bahncard Deine Reisekosten schon bei dem ersten Einsatz reduzieren. Dann ist die Fahrt nicht nur bequemer und stressfreier, sondern auch günstiger als die Autofahrt. Und Du kannst die Bahnfahrt zum Lesen oder Chillen nutzen und kommst so viel entspannter an Deinem Reiseziel an. Nachhaltig reisen ist so viel mehr, als „nur“ Energie und Ressourcen zu sparen. Es bedeutet auch, gut zu Dir selber zu sein.
Am Zielort kannst Du als Alternative zum Mietwagen auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen oder auch mal zu Fuß gehen. So erlebst Du eine Stadt viel intensiver, siehst Dinge, die Dir im Vorbeifahren gar nicht aufgefallen wären und kommst auch leichter in Kontakt mit den Einheimischen. Auch die weitere Umgebung kannst Du oft gut zu Fuß oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erkunden. Ich denke gern an unsere Bahnfahrten von Lissabon nach Sintra oder Cascais zurück. Wir konnten unterwegs beide die Landschaft genießen und uns unterhalten, keiner musste sich auf den Verkehr konzentrieren oder einen Parkplatz suchen. Toll waren auch unsere Wanderungen auf Madeira. Die geführten Levadatouren entlang der historischen Bewässerungskanäle bieten einen ganz besonderen Einblick in die Natur und Kultur der Insel.
3. Gepäck minimieren
Je weniger Gepäck Du beförderst/befördern lässt, desto weniger Energie wird dafür verbraucht. In besonderer Weise gilt dies für Flugreisen. Es könnte sicher jede Menge Kerosin gespart werden, wenn alle Fluggäste ihr Gepäck auf ein Minimum reduzieren würden. Muss es wirklich für jeden Tag eine extra Ausstattung für jede mögliche Wetterlage sein oder kannst Du Deine Jeans auch mehrere Tage tragen?
Niemand braucht wirklich fünf Paar Schuhe für einen 14-tägigen Urlaub, ein Wechselpaar sollte in den meisten Fällen ausreichen. Ähnlich sieht es mit Shirts und Pullis aus. Wähle Deine Kleidung so, dass alles gut miteinander kombinierbar ist und eventuell auch mal schnell gewaschen werden kann. Auch das gehört zum Thema „nachhaltig reisen“.
4. Nachhaltige Unterkunft buchen
All-inclusive und ein volles Buffet zu jeder Tages- (und Nacht-)Zeit klingt vielleicht verlockend, ist aber alles andere als nachhaltiges Reisen. Internationale Hotelketten punkten vielleicht in Bezug auf gleichbleibenden Standard und deutsche Fernsehprogramme überall auf der Welt, lassen die einheimische Bevölkerung aber nur minimal an der Wertschöpfung aus der Touristikbranche teilhaben. Nachhaltiger ist es daher, direkt bei Einheimischen zu wohnen/buchen. Möglichkeiten gibt es viele: Couchsurfing, Privatzimmer oder Pension buchen, aber auch (kleine) familiengeführte Hotels.
5. Den Menschen vor Ort mit Respekt begegnen
Eigentlich gehört dieser Punkt ganz an den Anfang der Liste, denn der respektvolle Umgang beginnt schon weit vor Deiner Reise. Jeder Mensch freut sich, wenn er in seiner eigenen Sprache begrüßt wird. Lerne zumindest ein paar Wörter in der Landessprache, sodass Du vielleicht auch mal nach dem Weg fragen kannst. „Bitte“, „Danke“ und „Hallo“ sind das Minimum an Höflichkeit. Ich habe schon oft erlebt, dass Einheimische es honorieren und dadurch von ihnen wertvolle Tipps für meine Reise bekommen.
Aber nicht nur die Sprache ist wichtig, sondern auch die (möglicherweise ganz andere) Kultur. In manchen Ländern ist es zum Beispiel unangebracht, sich mit freien Schultern in der Öffentlichkeit zu bewegen. Zieh doch einfach ein T-Shirt an, das ist auch nicht viel wärmer als ein Top mit Spathetti-Trägern. Du lachst? Dabei musst Du gar nicht weit wegfahren, beim Besuch oder der Besichtigung von (katholischen) Kirchen sind bedeckte Schultern und Knie erwünscht.
TIPP: Guck Dir einfach die Einheimischen an und kleide Dich ähnlich wie sie. Dann fällst Du auch nicht gleich als Tourist auf. Vielleicht begegnet man Dir dann auch mit mehr Höflichkeit.
6. Lokal/regional essen
Es ist nicht nur nachhaltiger, es macht auch viel mehr Spaß, statt internationale Speisen regionale Gerichte in einem (kleinen) Restaurant zu essen. Oft ist es auch günstiger als in Touri-Restuarants. Achte einfach mal darauf, wo die Einheimischen essen und Du wirst wirklich etwas erleben.
Wir haben in Lissabon mal einen Flyer für ein indisches Restaurant bekommen und wollten dort essen gehen. Vor dem Restaurant angekommen haben wir jedoch gezögert, das Haus sah wenig Vertrauen erweckend aus. Während wir noch überlegten, ob wir das Abenteuer wagen wollen, kamen zwei gut gekleidete Männer aus dem Restaurant. Es waren offenbar Einheimische, die dort ihre Mittagspause verbracht hatten. Also betraten wir das Restaurant und wurden nicht enttäuscht. Das Essen war ausgezeichnet und zudem sehr günstig. Wir hätten echt etwas verpasst, wenn wir wieder gegangen wären. Seit dieser Erfahrung achten wir weniger auf Äußerlichkeiten, sondern mehr auf die Menschen.
7. Lokal/regional kaufen
Für das Einkaufen gilt das Gleiche, wie für das Essengehen. Kauf dort, wo auch die Einheimischen kaufen: auf dem Markt und kleinen inhabergeführten Geschäften. Das gilt nicht nur für Lebensmittel sondern auch für Souvenirs. So kommt Dein Geld direkt bei den Menschen vor Ort an und landet nicht in großen Konzernen. Sieh Dich doch mal auf einem regionalen (Kunsthandwerker-)Markt um. Du wirst begeistert sein, was dort alles angeboten wird. Übrigens kannst Du diesen Tipp nicht nur im Ausland umsetzen, sondern auch im eigenen Land oder zu Hause. Es gibt zahlreiche Hofläden, die sich über Deinen Einkauf freuen würden.
8. Ressourcen sparen
Zu Hause versuchen viele Menschen, Ressourcen (Wasser, Energie) zu sparen, im Urlaub denken manche nicht daran. Dabei ist nachhaltig Reisen in diesem Punkt doch gar nicht so schwer. Ist es wirklich nötig, täglich neue Handtücher und alle drei Tage frische Bettwäsche zu bekommen? Leider beachten nicht alle Hotels dieses Sparpotential, aber entsprechende Hinweise sind immer öfter zu finden. Das Licht oder die Klimaanlage in Deinem Zimmer sollten nur bei Bedarf eingeschaltet sein und nicht aus Gewohnheit oder Bequemlichkeit den ganzen Tag laufen. Mehrmal täglich zu duschen ist weder nachhaltig noch gesund für Deine Haut.
Aber auch bei Tagestouren ist oft mehr Nachhaltigkeit möglich. In erster Linie sind hier Verpackungen zu nennen: Getränke in Einwegflaschen, doppelt und dreifach verpackte Lebensmittel für den Snack zwischendurch, der schnelle Kaffee im Plastikbecher. Mit einer wiederverwendbaren Getränkeflasche kannst Du nicht nur den Plastikmüll in Deinem Urlaubsland verringern, sondern auch Deine Reisekasse schonen. Fülle Deine Flasche einfach mit Trinkwasser aus der Leitung. Wo dies aufgrund der Qualität nicht möglich ist, kannst Du in der Regel Wasser recht günstig in großen Flaschen oder Gallonen kaufen. Vielleicht kannst Du die Flasche sogar kostenlos in Deiner Unterkunft mit Wasser füllen.
9. Die Natur respektvoll behandeln
Dieser Punkt gilt nicht nur für das nachhaltige Reisen, sondern immer, wenn Du Dich in der Natur bewegst. Auch wenn es noch so viel Spaß macht, abseits festgetretener Wege zu wandern, lasst es lieber bleiben! Das gilt vor allem in Naturschutzgebieten, in Dünen und Mooren, oft auch in den Bergen. Achtet einfach auf entsprechende Schilder oder Hinweise in Eurem Reiseführer. Im Zweifel gilt immer: auf dem Weg bleiben! Du liebst lange Touren mit dem Mountain-Bike? Auch hier gilt: Bitte nur dort fahren, wo es erlaubt ist! Natürlich geht die Umwelt nicht gleich kaputt, wenn ein Mountainbike-Fahrer mal querfeldein fährt. Aber in der Regel bleibt es nicht bei dem Einen und dann ist der Schaden doch schnell sehr groß.
Ein anderer Punkt ist der Umgang mit Müll. Jeder sollte das, was er mit nach draußen nimmt auch wieder nach Hause bringen und seinen Müll dort entsorgen. Am besten achtest Du schon beim Einkauf auf eine umweltfreundliche Verpackung oder Du packst Deine Verpflegung selber ein, natürlich in wiederverwendbare Behälter.
10. Nachhaltige Reiseerinnerungen statt „Souvenir-Kitsch“
Souvenirs und Reiseerinnerungen sind nach wie vor sehr beliebt. Ich muss zugeben, dass ich auch gern Erinnerungen mit nach Hause nehme. Allerdings hat sich die Art der Souvenirs inzwischen sehr gewandelt. Zu unseren Mitbringseln zählen in erster Linie regionale Gewürze, mit Vorliebe solche, die es bei uns nicht zu kaufen gibt. Wir kaufen auch gern Dinge des täglichen Bedarfs, die sowieso auf der Wunsch- oder Einkaufsliste stehen, zum Beispiel Kochutensilien oder eine Tischdecke, aber auch selbstgemachte Marmelade oder andere „kulinarische“ Erinnerungen. Idealerweise gehen wir dafür in kleine inhabergeführte Läden oder auf den heimischen Kunsthandwerkermarkt. Dann darf es auch einmal etwas „Luxus“ sein, wie zum Beispiel ein schickes handgemachtes Notizbuch oder handgefertigter Schmuck.
Hast Du noch mehr Tipps für nachhaltiges Reisen? Dann teile sie gern in den Kommentaren mit uns.
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