Als Blumeninsel ist Madeira bekannt oder auch als Insel des ewigen Frühlings. Dass es dort auch mal sehr stürmisch sein kann, weiß dagegen kaum jemand. Dabei ist es gar nicht so selten und kann weitreichende Folgen haben. Eine nicht unwichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Flughafen von Madeira. Er gehört zu den gefährlichsten Flughäfen der Welt. Nur speziell geschulte Piloten dürfen dort landen und starten. Bei Sturm über Madera wird er auch schnell mal geschlossen. So erlebten wir im Februar 2018 ein Abenteuer ganz besonderer Art.
Ein bisschen Spaß darf sein
Am Abend vor unserer Abreise gingen wir noch einmal in eins unserer Lieblings-Restaurants und anschließend die Promenade von Funchal entlang. Es herrschte ein wenig Abschiedsstimmung. Beim Betreten des Hotels fragte uns die Dame an der Rezeption nach unserer Zimmernummer. Sie meinte, sie müsse einige Ausflüge für den nächsten Tag absagen. Es sei Sturm über Madeira angesagt, vor allem in den Bergen. Auf meine Frage, wie es denn um die Flüge bestellt sei, kam die Antwort, das wisse sie auch nicht. Aber wir müssten uns keine Sorgen machen, die Flüge gingen meistens. Im Scherz meinte ich, ich hätte nichts dagegen, noch eine Woche länger zu bleiben.
Vielleicht sollte ich in Zukunft etwas vorsichtiger mit meinen Wünschen sein, sie könnten ja (fast) wahr werden …
Nun ja, wir sahen vorsichtshalber mal auf der Internetseite des Flughafens nach. Zwei ankommende Flüge aus Porto und Lissabon für den nächsten Tag waren bereits storniert, allerdings sollten von dort aus noch andere Flugzeuge der gleichen Gesellschaft ankommen. Vielleicht handelte es sich bei den stornierten Flüge einfach nur um Umbuchungen? Na ja, wir werden sehen, erst mal ab ins Bett, bevor die Nacht zu Ende geht!
Das Abenteuer beginnt
Gegen sechs Uhr klingelte der Wecker, um sieben sollten wir abgeholt werden, je nach Verkehrslage auch etwas früher oder später. Also saßen wir bereits um 6:40 Uhr reisefertig in der Lobby. Pünktlich um 7:00 Uhr kam unser “Chauffeur”. Schon auf dem Weg zu Flughafen sahen wir, wie windig es war. Der Regen hatte eine diagonale Richtung eingenommen, statt wie gewöhnlich senkrecht herunterzukommen. Eine Spaziergängerin konnte ihren Regenschirm kaum festhalten, der Sturm riss ihn ihr beinahe aus der Hand.
Bei diesem Anblick rechneten wir relativ fest mit einem späteren Abflug Richtung Heimat. Kein Problem, immerhin sollte der Wind gegen Mittag etwas nachlassen. Also machten wir uns zunächst keine Sorgen, als für unseren Flug eine Verspätung gemeldet wurde. Unsere Geduld wurde jedoch auf eine längere Probe gestellt. Statt etwa halb neun wurden wir erst gegen halb elf zum Gate gerufen. Allerdings nicht, um ins Flugzeug zu steigen …
Schnelle Hilfe
… sondern um einem Hotel zugewiesen zu werden, mit der Information, der Flug sei um zwei Tage verschoben. Die Dame am Boarding-Schalter notierte den Namen eines Hotels und das neue Abflugdatum auf unserem Ticket und schickte uns zum Gepäckband. Dort bekamen wir nach kurzer Wartezeit unsere Koffer zurück. Dann ging es im Laufschritt durch den strömenden Regen zum Bus. Der war recht schnell gefüllt, mit Gepäck und gestrandeten Reisenden. Und los ging´s, wohin auch immer.
Eine knappe halbe Stunde später stoppte der Bus schon an einem 5-Sterne-Hotel irgendwo am Ende der Insel, in der Nähe von Ponta de São Lourenço. Das Einchecken dauerte eine Weile, immerhin kamen mehrere vollbesetzte Busse nacheinander an. Endlich durften wir unser Zimmer in einem anderen Gebäude beziehen. Brrr, wieder raus in den Regen! Dann endlich Füße hochlegen und telefonieren. Auf der Arbeit erwartete man uns ja eigentlich schon am nächsten Morgen und meine Tiere (eine Katze und mehrere Kaninchen) mussten auch versorgt werden. Bis zum Mittag ab 13:00 Uhr fühlten wir uns schon fast heimisch.
Ein bisschen Luxus
Wir hatten noch nie vorher in einem *****Sterne-Hotel übernachtet. Das Essen dort war wirklich gut und sehr reichhaltig, der Speisesaal während der Mahlzeiten allerdings recht voll. Für gestrandete Urlauber waren wir ziemlich gut versorgt, andere Reisende mussten tatsächlich am Flughafen nächtigen. Entgegen der ersten Angaben war sogar ein alkoholisches Getränk pro Mahlzeit in unserem „Arrangement“ inbegriffen. Draußen war der Aufenthalt ziemlich ungemütlich, es herrschte Dauerregen und Sturm. Ein Liegestuhl lag einsam auf dem Grund des Pools vor unserem Fenster, ihn hatte der Sturm ins Wasser getrieben.
Wir hatten jedoch ein warmes und sehr gemütliches Zimmer, sogar mit einer Badewanne. Der Fernseher funktionierte durch den Sturm allerdings nur eingeschränkt, genau wie das Internet. Das machte uns aber wenig aus, wir hatten genug zu lesen (und zu handarbeiten) dabei, außerdem plattdeutsche Musik auf dem Tablet. Damit haben wir uns die Zeit vertrieben. Ich hoffe, es hat unsere Zimmernachbarn nicht gestört.
Nix mehr zu sehen vom Sturm über Madeira
Am nächsten Tag herrschte strahlender Sonnenschein, gegen Mittag sahen wir sogar hin und wieder ein Flugzeug am blauen Himmel. Unser Hotel lag mitten in der Einflugschneise, der Lärm hielt sich jedoch in Grenzen. Offenbar funktionierte der Flugverkehr nun wieder uneingeschränkt. So konnten wir den Aufenthalt tatsächlich ein wenig genießen und die Gegend rund um das Hotel zu Fuß erkunden. Es lag recht einsam am östlichsten Zipfel Madeiras in wunderschöner Natur.
Und wieder mal Koffer packen
Wieder begann ein Abreisetag für uns. Bis zum Mittag musste das Hotelzimmer geräumt werden, das Gepäck konnten wir zur Aufbewahrung geben. Das gesamte Gepäck aller gestrandeten Gäste passte jedoch nicht in den viel zu kleinen Raum, so stapelte es sich bis auf den Gang hinaus.
Unsere Rucksäcke mit persönlichen Gegenständen und dem so wichtigen „Lesefutter“ behielten wir natürlich bei uns. Im Laufe des Tages schien das Gewicht jedoch immer mehr zuzunehmen. Nach dem Mittagsessen suchten wir uns also einen halbwegs bequemen Platz, um die Zeit bis zur Abfahrt irgendwie hinter uns zu bringen. Gegen halb sechs kamen die Busse, um uns wieder zum Flughafen zu bringen und das Abenteuer begann von vorn.
Endlich nach Hause?
Wir mussten erneut einchecken, Gepäck aufgeben und warten. Sehr viel war auf dem Flughafen nicht los. Langsam wurde es dunkel, das geschieht auf Madeira ja immer schon recht früh. Wir begaben uns zum Gate und warteten weiter. Eine Verspätung des Flugs wurde angesagt, das machte einige Reisende etwas nervös. Neben mir saß ein Herr, der die ganze Zeit auf sein Tablet sah. Das machte mich ein wenig neugierig und ich schielte hinüber.
Meine Neugier wuchs schnell, denn der Bildschirm zeigte einen Flugradar. Als der Herr meinen Blick bemerkte, schob er das Tablet ein wenig in meine Richtung mit der Bemerkung „Da ist unser Flugzeug, es ist schon im Landeanflug“. Das klang gut und wir beobachteten das winzige Flugzeugsymbol. Die Zahl daneben wurde immer kleiner, das Flugzeug sank also immer tiefer. Jetzt war es ganz nah am Flughafen….
… gleich würde es landen …
… aber das Symbol „flog“ an der Landebahn vorbei …
… die Zahl neben dem winzigen Flugzeug wurde immer größer ….
… das Symbol entfernte sich immer weiter, zeichnete einen großen Bogen …
„Vielleicht fliegt der Pilot einen Bogen und setzt dann neu zur Landung an. Das ist hier keine Seltenheit.“
… Jetzt war das kleine Symbol schon bei der Nachbarinsel Porto Santo. Hier müsste es drehen …
„Das Flugzeug kommt heute nicht mehr zurück. Es ist schon wieder auf Reisehöhe.“ Mein Sitznachbar kannte sich offenbar aus. Bis die offizielle Durchsage kam, verging noch eine Weile. Dann brach ein Sturm der Entrüstung los. Inzwischen war es schon 21:00 Uhr, alle waren müde vom Warten und viele schon wieder hungrig. Etwa um 21:30 Uhr durften wir den Flughafen wieder verlassen …
… und wurden wieder in ein Hotel gebracht.
Was lange währt….
Die Busfahrt war diesmal sehr kurz. Nach etwa zehn Minuten durften wir schon wieder aussteigen. Diesmal landeten wir in einem 4**** Hotel in St. Cruz. Nach einem Blitz-Checkin (Pass oder Personalausweis abgeben, Zimmerkarte in die Hand gedrückt) bekamen wir ein spätes Abendessen mit kalten und warmen Speisen, Wasser und einem Glas Wein oder Bier. Anschließend erkundigten wir uns, ob es Neuigkeiten zu unserem Rückflug gäbe. Mit der Information, wir hätten ausreichend Zeit zum Frühstücken, Beginn ab 7:30 Uhr, gingen wir zu Bett.
Der nächste Morgen begann mit einem reichhaltigen Frühstück, zu dem sogar ein Glas Sekt serviert wurde. Besser hätten wir zu Hause auch nicht gegessen. Bis 12:00 durften wir das Hotelzimmer nutzen, unser Flug sollte aber erst gegen 22:00 Uhr starten. Das Wetter sah recht gut aus, sodass wir erst einmal durch den Ort bummelten. Nach dem Auschecken konnten wir unser Gepäck im Hotel deponieren, bekamen ein leckeres Mittagessen und durften den Nachmittag am Pool verbringen. Wir achteten auf jeden Windhauch (es könnte ja ein neuer Sturm über Madeira aufziehen) und freuten uns über jedes Flugzeug, das wir am Himmel entdeckten.
Etwa 19:30 Uhr startete unser Bus erneut in Richtung Flughafen. Bis zum Einchecken herrschte noch eine nervöse Anspannung bei vielen Reisenden, zumal der Flughafen ziemlich leer wirkte. Im Sicherheitsbereich sahen wir viele bekannte Gesichter und überall wurde herum gewitzelt, ob wir nun endlich abreisen dürften oder nicht. Das Boarding war für 21:15 Uhr angesetzt, aber weit und breit war kein Flugzeug in Sicht …
… 21:40 Uhr – endlich – ein Raunen ging durch die Menge, vor dem Gate war ein Flugzeug zu sehen – das schönste Flugzeug der Airline, da waren wir ganz sicher (oder der Welt?). Hatte TUI uns extra den Haribo-Flieger als „Entschädigung“ geschickt? Jetzt ging alles ganz schnell, schon um 22:20 Uhr konnte das Flugzeug starten. Es war wohl das erste Mal in seiner Berufslaufbahn, dass dem Piloten schon bei seiner Begrüßung applaudiert wurde. Dank reichlich Rückenwind landeten wir nach einem nicht ganz ruhigen Flug schon um 2:45 Uhr in Hannover.
… wird endlich gut
Bis wir unser Gepäck in den Händen hielten war es schon 3:30 geworden, der nächste Zug fuhr etwa eine halbe Stunde später. So hatten wir noch Zeit, unser Rail&Fly Ticket abstempeln zu lassen. Unser Rückflugticket war für den „zweiten“ Flug ausgestellt und nicht noch einmal erneuert worden, somit war es für die S-Bahn nicht mehr gültig. Dass wir trotz der frühen Morgenstunde in der S-Bahn kontrolliert wurden, das hat uns nach dieser erlebnisreichen Rückreise nicht mehr gewundert. Um 6:00 Uhr waren wir endlich zu Hause, holten uns beim Bäcker ein paar Brötchen und gingen nach dem Frühstück erst mal eine Runde schlafen.
Von Schlaf konnte aber nicht wirklich die Rede sein, im Schlafzimmer zeigte das Thermometer gerade einmal 1,9 °C an. Während wir dank Sturm über Madeira im warmen Hotelzimmer saßen, fiel zu Hause die Temperatur auf – 10 °C. Vor Beginn unserer Reise hatten wir + 17 °C und dementsprechend die Heizung gedrosselt. Jetzt konnte uns nur noch der Ofen helfen …
Fazit: Urlaub sorgfältiger planen
Die Aussicht auf einen Sturm hält uns natürlich nicht davon ab, wieder nach Madeira zu fliegen, aber eins haben wir daraus gelernt: sorgfältiger zu planen! Wie wir inzwischen wissen, kommt es nämlich gar nicht so selten vor, dass Flüge ausfallen oder umgeleitet werden. Ein ungeplanter Zwischenstopp auf der kleinen Nachbarinsel Porto Santo oder gar auf den Kanaren während der Anreise kann den Urlaubsbeginn auf Madeira durchaus um ein oder zwei Tage verschieben.
Ein Flugausfall bei der Rückreise verlängert zwar den Urlaub, aber nicht mit dem gewünschten “Erholungsfaktor”. Es sind eher zusätzliche Reisetage mit entsprechenden Wartezeiten, Kofferpacken und “zimmerlosem” Aufenthalt. Wir fliegen also nicht kurz vor wichtigen Terminen nach Madeira (wäre dieses Abenteuer bei einer anderen Reise passiert, dann hätte ich die Hochzeit meines Bruders verpasst.) und auch nicht nur für wenige Tage. Schließlich wollen wir nicht mehr Tage mit der An- und Abreise verbringen als mit Erholung und Spaß auf der Insel.
[Dieser Artikel wurde im Herbst 2019 auf meinem alten Blog “Op Tuur” veröffentlicht und ist hierher umgezogen.]
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